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Internationale Projekte

Fremde Länder - andere Sitten. Fremde Fragestellungen und oft doch ähnliche Zugänge und Lösungen.

23.03.2015Gerhard Liska

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USP-D begleitet ihre österreichisch- oder deutschstämmigen Kunden in der Abwicklung unterschiedlicher Programme an die jeweiligen Unternehmensstandorte weltweit. Wir entsenden Teams in die USA, nach Lateinamerika, Asien, Osteuropa und Europa. Ein 360 Grad Feedbackprojekt in Tunesien, ein Führungskräfte-Entwicklungs-Programm (Gruppen-Coaching) in Mexiko oder Development Center mit anschließender Führungskräfte-Entwicklung in China sind Beispiele, an denen ich persönlich beteiligt war.

In diesem Artikel verdichte ich persönliche Erfahrungen als Coach „auf Reisen“ und arbeite vier zentrale Aspekte internationaler Projektfitness heraus.

Erstens – Be prepared! Investiere in Vorbereitung!

Die Umsetzung eines Auslandsprojektes beginnt mit der Reiseorganisation und dem Wunsch, mich während des Aufenthaltes auf Inhalte konzentrieren zu können. Eine gründliche Vorbereitung des Projekteinsatzes bietet eine stabile Basis. Diese ermöglicht die nötige Flexibilität vor Ort. Neben ausgearbeiteten Leitfäden, der Zusammenstellung der benötigten Materialien und Räumlichkeiten vor Ort und der konkreten Reiseorganisation umfasst dies auch scheinbare Kleinigkeiten wie den Transfer vom Flughafen zum Hotel per Taxi. Ich habe gelernt, dass der zeitliche Aufwand, der im Vorfeld eines Auslandsprojektes investiert wird, sich während des operativen Einsatzes vor Ort in höherer Effektivität niederschlägt.

Das gilt natürlich auch für Einsätze in Österreich und Deutschland. Wenn man aber um 23:00 Uhr in Bukarest ankommt, die ortsüblichen Gepflogenheiten nicht kennt und die Weiterfahrt nicht organisiert hat, ist der Schritt zum Abenteuer nicht mehr weit. In eine wirklich gefährliche Situation bin ich in dieser Hinsicht zum Glück noch nicht gekommen. Meine erste Taxifahrt vom Flughafen in ein Bukarester Hotel hat mich jedoch das Fünffache des üblichen Preises gekostet weil ich gezwungen war, in das erstbeste Taxi einzusteigen und mit den Preisen nicht vertraut war.

Effiziente Organisation im Vorfeld eines Auslandsprojektes erhöht meine Effektivität als Coach vor Ort wesentlich.

Zweitens – Selbstfürsorge: Achte auf deine Bedürfnisse!

Die Zeit im Flugzeug oder im Zug auf der Reise zu einem Auslandsprojekt nutze ich dazu, wichtige Aspekte oder Elemente der kommenden Tage in meiner Vorstellung durchzugehen und mich mental einzustimmen. Sprichwörtlich mache ich mir ein Bild davon, was die nächsten Tage bringen werden. Reisen, insbesondere längere Flugreisen, sind allerdings mit emotionaler und physischer Belastung verbunden, auch wenn ich grundsätzlich gerne unterwegs bin. Diese Belastung steht in einer Balance mit meiner Leistungsfähigkeit vor Ort. Große Zeitverschiebungen beispielsweise bergen die Gefahr von Jetlag. Die Möglichkeit des Reisens in der Business Class andererseits erlaubt es mir, mich im Flugzeug ausruhen zu können um für den Coaching Einsatz vor Ort wirklich fit zu sein. Die energetische Kosten-Nutzen Balance spricht hier klar für sich, auch wenn viele Kunden ins Schlucken kommen, wenn dieser Punkt Verhandlungsthema wird.

Mir ist zudem wichtig, zeitgerecht vor Ort zu sein. Daher reise ich üblicherweise am Vortag an um mich mit den Gegebenheiten vertraut zu machen und anzukommen. So inspiziere ich wenn möglich den zur Verfügung stehenden Seminarraum bereits am Vorabend. Das unterstützt mich in der Fokussierung und Vorbereitung auf die Coaching Gespräche oder den Workshop der kommenden Tage, die meine volle Aufmerksamkeit erfordern. Wenn ich einen Workshop in Zeitnot starten muss, weil ich zu spät im Hotel ankomme und mich daher nicht mehr orientieren kann, wirkt meine Anspannung oft lange nach und springt schlimmstenfalls sogar auf die Gruppe über. Ich plane nach Möglichkeit auch Zeit ein, um das Land beziehungsweise die Stadt in der ich gerade bin kennenzulernen. Ich mache einen Stadtrundgang oder besuche Restaurants. In die lokale Atmosphäre einzutauchen schärft einerseits die Wahrnehmung und das Verständnis für das Funktionieren der lokalen Organisation des Kundenunternehmens vor Ort. Andererseits befriedigt es meine persönliche Neugier und Lust am Reisen. Ich verstehe dadurch nochmals besser, welche kulturell-gesellschaftlichen Bilder und Symbole den Menschen vor Ort wichtig sind und lasse dies in mein Handeln als Coach einfließen.

Als Coach gut für mich und meine Bedürfnisse zu sorgen ist ein zweiter bedeutsamer Aspekt um fit für Auslandsprojekte zu sein und diese Fitness bzw. die Lust auf internationale Projekte längerfristig zu erhalten.

Drittens – Improvisation ist alles: Sei flexibel!

Unverhofft kommt oft, so heißt es in einem Sprichwort. Gerade bei Auslandseinsätzen trifft dies nicht selten zu. Ein gutes Maß an Selbstsicherheit und die nötige Portion Gelassenheit helfen dabei. Die unerwartete Einladung eines Projektpartners vor Ort zum gemeinsamen Abendessen beispielsweise ist in dieser Hinsicht für mich ein angenehmes und bereicherndes Erlebnis. Es bietet Zeit zum informellen Austausch über das Projekt, aber auch für die Erfahrungen des Projektpartners, sowie die Möglichkeit, die lokale Küche kennen zu lernen. Gemeinsame Abendunternehmungen mit dem Kunden können die eine oder andere Herausforderung bergen. So ging es während eines Chinaeinsatzes an einem Abend mit der Coaching Gruppe zum Karaoke. Was letztlich ein gelungener Abend war, erforderte von einigen, zumal uns Europäern in der Gruppe, das Übersteigen persönlicher Komfortzonen.

Verspätungen im Reiseplan zählen zu den eher unangenehmen Aspekten. Beim Rückflug aus einem Projekt in Tunesien war der Abflug um fünf Stunden verspätet. Zu viel um in Rom den Anschluss nach Wien noch zu bekommen. Was also tun, Freitagabends um 22:45 in Rom Fiumicino? Nachdem das Hotel am Flughafen ausgebucht war entschied ich mich kurzerhand dafür, eineinhalb Tage in Rom zu verbringen und Sonntagnachmittags nach Wien zurück zu fliegen. So konnte ich aus der misslichen Lage noch einen positiven Aspekt ziehen. Bei einem anderen Projekt forderte mich das Liegenbleiben meines Koffers mit den gesamten Seminarunterlagen am Umsteigeflughafen zur Improvisation an den ersten beiden von drei Workshop Tagen heraus. Gut, dass ich im Flugzeug das Modul des Gruppen-Coaching nochmals konkret durchgearbeitet hatte. So konnte ich relativ ruhig und gelassen mit der Gruppe Alternativen zum geplanten Ablauf entwickeln. Meine Erfahrung aus solchen Situationen ist, dass die Teilnehmer in der Regel Verständnis aufbringen und sich gemeinsam eine Lösung finden lässt. Den Rahmen dazu muss ich als Coach schaffen.

Ein gutes Maß an Gelassenheit und die Selbstsicherheit bzw. das Improvisationstalent mit unerwarteten Entwicklungen in positiver Art und Weise umzugehen, erachte ich als wichtige Skills im Auslandseinsatz.

Viertens – Kulturelle Eigenheiten: Herausforderungen meistern!

Die organisationalen Rahmenbedingungen vor Ort sind ein weiteres Puzzlestück internationaler Projektorganisation, das darüber entscheidet, wie einfach von der Hand gehend oder aber schwierig und mühsam ich ein Auslandprojekt erlebe. Ein unterstützendes und professionelles Umfeld in Bezug auf Workshop Organisation ist meiner Erfahrung nach nicht immer gegeben. Gerade in der konkreten Detailorganisation vor Ort machen sich Sprach- und Verständnisbarrieren oft bemerkbar. Wenn Englisch nicht mehr zur Verständigung ausreicht greife ich auch schon mal zu Stift und Papier um meine Wünsche zeichnerisch zu vermitteln. Das Hotelpersonal ist in der Regel sehr freundlich und hilfsbereit, gerade in asiatischen Ländern. Manchmal sind bestimmte Utensilien, beispielsweise Flipcharts oder Pinnwände aber schlichtweg nicht bekannt oder nur in sehr ungewohnten (kleinen!) Dimensionen verfügbar. Ein anderes Mal machen technischen Gegebenheiten (z.B. notwendige Adapter) Schwierigkeiten. Ich helfe mir in der Regel so, dass ich Verbrauchs- und Seminarmaterial, das mir besonders wichtig ist, mit auf die Reise nehme. Insbesondere Flipchart-Stifte, bestimmte Klebebänder oder Nadeln für Pinnwände trage ich schlimmstenfalls in einem zweiten Koffer.

In Mexiko war ich mit einer zwar riesengroßen aber dafür fensterlosen Veranstaltungshalle im Keller konfrontiert, für ein Grüppchen von 12 Personen inklusive mir. Auch wenn der Raum für das dortige, heiße Klima ideal sei, wie mir versichert wurde, stand er in einem Spannungsverhältnis zu meinen mitteleuropäisch gefärbten Gewohnheiten, wie Tageslicht oder einer Raumgröße, die zur Gruppengröße korrespondiert. In diesem Fall war es notwendig, einerseits den Leitfaden so zu adaptieren, dass wir als Gruppe die Energie gut halten konnten. Andererseits war mein Ansatz, die Räumlichkeit selbst zu verändern. Die gemeinsam mit dem Hotel gefundene Lösung war, mobile Pflanzenkübel als Raumteiler aufzustellen.

Interesse für und die Bereitschaft auf kulturelle Eigenheiten und situative Herausforderungen vor Ort einzugehen, ist aus meiner Perspektive ein vierter wichtiger Baustein internationaler Projektfitness.

Soweit die Verdichtung meiner Erfahrungen aus bisherigen Auslandsprojekten. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, erweitert und bereichert sich vielmehr beständig durch die Erlebnisse aus neuen Projekten.

Und natürlich freue ich mich über Feedback und die Erfahrungen anderer aus der internationalen Projektorganisation und den darüber entstehenden, hoffentlich angeregten, Austausch.